Der Megatrend-Research-Prozess des Instituts basiert auf der eigens entwickelten PWLG-Matrix, die Politik, Wirtschaft, Legitimation und Gemeinschaft betrachtet. Die erhobenen Daten werden mithilfe KI-gestützter Analyse-Tools ausgewertet. Die Forscher:innen gehen davon aus, dass die ermittelten Ergebnisse innerhalb der nächsten Dekade stabil bleiben. Dabei werden keine ganz neuen Entwicklungen aufgezeigt, sondern es wird eher eine Verstetigung und Vertiefung schon bestehender Trends sichtbar.
Eco Proposition.
Nachhaltigkeit ist kein Add-on mehr, sondern ändert das Verständnis von Unternehmertum grundlegend. Die „Eco Proposition“ erweitert die vormalige „Value Proposition“ und wird Teil der Unternehmensstrategie. Sie umfasst den Wert der Angebote für Kund:innen, den unternehmerischen und nun auch den ökologischen Wert. Die Gesellschaft, zuvorderst durch NGOs, und die Politik durch Rahmensetzung und Regulatorik forcieren diesen Trend. Als wichtigsten Treiber nennt das Zukunftsinstitut aber „Green Finance“, also Investitionen in ökologisches Wirtschaften und nachhaltig orientierte Unternehmen. So habe der Anteil grüner Start-ups mit 35 Prozent der Neugründungen in Deutschland 2023 einen Rekord verzeichnet. Der Umwelttechnologie-Atlas prognostiziert ein Wachstum des Greentech-Markts um 8,1 Prozent jährlich. Dabei fließt zunehmend Risikokapital in junge Unternehmen, die gesellschaftliche oder ökologische Probleme lösen wollen – also solche mit Eco Proposition.
Von den etablierten Tech Playern nennt der Zukunftsreport Apple als Beispiel. Um bis 2030 die CO₂-Emissionen auf Netto-Null zu bringen, wird dort unter anderem an nachhaltigen Materialien und kunststofffreien Verpackungen gearbeitet, Aluminium recycelt und es kommen erneuerbare Energien in den Stores, Büros und Rechenzentren von Apple zum Einsatz. Ein entsprechendes „Reporting“ von Tim Cook und seinem Führungsteam an Mother Nature kann man sich im Video anschauen. Das ist klasse gemachtes Storytelling und zielt darauf ab, die neue Eco Proposition unterhaltsam zu vermitteln. Transformation geht mit Kommunikation einher, die wiederum trendverstärkend wirkt.
Technosoziale Arbeitswelt.
Das Verhältnis von Menschen und Technologien entwickelt sich zu einer symbiotischen Beziehung. Für Unternehmen ergeben sich daraus vier Handlungsfelder, um diesem Trend zu folgen und damit Wettbewerbsvorteile zu erzielen.
1. Multidimensionale Technologiekompetenz:
Unternehmen etablieren mitarbeitendenübergreifende Kompetenzen. Alle, auch Management und Führung, verfügen über ein fundiertes Verständnis digitaler Technologien und Prozesse und ihrer Auswirkungen. Die verschiedenen Abteilungen kooperieren technologiebasiert agil und flexibel, Silostrukturen lösen sich auf. Wandel wird als Kontinuum verstanden und Transformation nicht als einmaliger Vorgang abgehakt, sondern fortlaufend weiterentwickelt.
2. Human Experience:
Die wachsende Bedeutung von Technologien wird von sozialen Qualitäten begleitet. Mit persönlichen Interaktionen, Sinnstiftung und dem Erlangen höherer Effektivität erfahren Mitarbeitende Unterstützung und Wertschätzung. Idealerweise entwickelt sich eine unternehmensweite technosoziale Schnittstellenkompetenz, die nahtlos zwischen technologisch vermitteltem und persönlichem Austausch wechselt.
3. Lernende Berufsbilder:
Jobprofile und Karrierewege passen sich an veränderte Aufgabenbereiche und Tätigkeitsfelder an. Mitarbeitende übernehmen zunehmend das Bedienen, Steuern und Überwachen von KI-gestützten Maschinen. Sie agieren dabei in dezentral verteilter Eigenverantwortung, entscheidungsfähig und -befugt. Im Rahmen strategischer Weiterbildung immer passend qualifiziert.
4. KI Companionship:
KI wird in der technosozialen Arbeitswelt vom Werkzeug zur Kollegin. Sie kann Assistenz, Spiegelbild, Sparringspartnerin, Inspiration sein. Gemeinsam geht mehr. Dazu gilt es, KI zu verstehen, sie anzuleiten, mit ihr zu kooperieren, sie zu hinterfragen – und ihr immer sehr genau auf die Finger zu schauen. Eine neue Form der Zusammenarbeit, die erst gelernt sein will.
Digital Work Skills.
Die Art, wie wir arbeiten, hat sich grundlegend verändert. Wir sind nicht mehr an einem Ort zu festen Zeiten tätig, sondern räumlich und zeitlich flexibel. Wir arbeiten hybrid und sind dabei mehr online als offline. Die Folge ist eine Kultur der Arbeitsverdichtung, permanenter Ablenkung und ständiger Verfügbarkeit mit unendlichen Calls und Meetings. Wir erleben eine „digitale Erschöpfung“.
Zukünftige „Digital Work Skills“ sind deshalb asynchrones Kommunizieren statt synchroner Meetings und damit einhergehend längere Phasen ununterbrochener, fokussierter Konzentration im „Maker’s Mode“, aber auch des Innehaltens und Nachdenkens. Es wird wichtiger, das Maß der Arbeitsbelastung, mentale Gesundheit, eine realistische Kapazitätenplanung sowie individuelle Interessen und Entwicklungsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Die verblüffend schnelle Adaption generativer KI-Tools wird Normalität und der kluge Umgang damit auch hier thematisiert. In naher Zukunft werden wir zudem einen permanenten digitalen Layer zwischen uns und der Wirklichkeit haben –via AR/VR-Brille oder per Voice Interaction mit Knopf im Ohr. Damit so nicht die nächste Stufe digitaler Erschöpfung erreicht wird, müssen wir uns auch darauf einstellen und Regeln dafür finden.
Den vollständigen Zukunftsreport 2024 kann man hier kaufen.