Ausblick auf kommende Entwicklungen: Wir sprachen mit Dennis Wimmer über die Zukunft der Cloud im Mittelstand.

Sie lässt Maschinen kommunizieren, ermöglicht das Arbeiten aus dem Homeoffice, bringt Streaming-Serien ins Wohnzimmer, Kreditkartenzahlungen an ihr Ziel und vieles mehr. In den vergangenen zehn Jahren ist die Cloud zu einer Säule unseres privaten und beruflichen Alltags geworden. Dennoch zögerte der Mittelstand lang, vom Rechenzentrum in die Cloud zu wechseln, weil die daraus resultierenden Vorteile zu wenig gesehen wurden. Das hat sich inzwischen geändert: „Auch kleine und mittlere Unternehmen kommen heute nicht mehr ohne die Cloud aus“, sagt Dennis Wimmer, Leiter des Bereichs Cloud-Solution-Architektur bei Bechtle. Er prognostiziert: „Bis zum Jahr 2030 wird das lokale Rechenzentrum in fast allen Unternehmen hybrid sein. Das heißt, dass ein Teil davon weiterhin On-Premise bleibt, ein Teil in die Cloud wandert und ein Teil ‚On the Edge‘ sein wird, also in einzelnen Systemen direkt bei den Nutzer:innen.“

Bis zu einem Drittel der Cloud-Ausgaben sind unnötig.

Außerdem wird die Multi Cloud immer wichtiger, ein Konstrukt, bei dem Cloud-Dienste und -Plattformen von verschiedenen Anbietern mit der eigenen Private Cloud kombiniert werden. Weil das Multi-Cloud-Management jedoch sehr komplex ist, meiden es derzeit viele IT-Teams. Künftig wird der Mittelstand aber immer öfter damit in Berührung kommen: „Viele Unternehmen sind nur eine Akquisition von einer Multi Cloud entfernt, wenn die zugekaufte Firma beispielsweise andere Cloud-Services nutzt als die Muttergesellschaft“, sagt Dennis Wimmer.

Hinzu kommt, dass sich viele Unternehmen beim Thema Cloud mit der Kostenoptimierung schwertun. Studien zeigen, dass 25 bis 35 Prozent der Ausgaben bei der Cloud-Nutzung unnötig sind, etwa wegen zu groß dimensionierter Cloud-Ressourcen. „Mit verschiedenen Services zur Cloud und auch speziell zur Multi Cloud können wir IT-Teams entlasten und zur Kostensenkung beitragen“, so Dennis Wimmer. Als Gründe für die wachsende Bedeutung der Cloud sieht er mehrere Entwicklungen: intelligente Produkte, Vorgaben zur Nachhaltigkeit, künstliche Intelligenz, Veränderungen bei der Softwarenutzung, steigende Sicherheitsanforderungen und vor allem die Notwendigkeit, Innovationen schneller auf den Markt zu bringen.

Die Cloud ergänzt das eigene Rechenzentrum.

Viele Geräte in unserem Alltag sind inzwischen vernetzt und intelligent. Dadurch hat sich auch das Kaufverhalten der Endkund:innen verändert. „Früher waren bei einem Staubsauger die Kabellänge und die Saugleistung entscheidend. Heute nutzen viele Haushalte Saugroboter, bei denen die Software für die Wegfindung im Mittelpunkt steht“, sagt Dennis Wimmer. Die meisten Mittelständler stellt das vor Herausforderungen. Sie müssen eigene Software für ihre Produkte entwickeln, diese betreiben, updaten und global zur Verfügung stellen. „Spätestens dann kommt die Cloud ins Spiel, denn kaum ein mittelständisches Unternehmen kann sichere und global verfügbare Softwaredienste für seine Produkte wirtschaftlich aus dem eigenen Rechenzentrum anbieten“, so Dennis Wimmer.

Das liegt auch an schwankenden Zugriffszahlen. Wenn beispielsweise Fußball-Apps am Wochenende massenweise geöffnet werden oder Online-Shops am Black Friday einen Ansturm erleben, werden in den jeweiligen Unternehmen viele Rechenkapazitäten benötigt. „Unternehmen, die solche Lastspitzen nur mit dem eigenen Rechenzentrum stemmen wollen, müssen dafür viel Hardware vorhalten, die in der übrigen Zeit kaum ausgelastet wird“, erklärt der Cloud-Profi. Eine solche Strategie ist teuer, ineffizient und schlecht für die CO2-Bilanz, denn auch Server mit wenig Auslastung müssen betrieben und gekühlt werden. Die Cloud hingegen bietet den Vorteil der Skalierung: Je nach Bedarf können mehr oder weniger Server-Ressourcen gebucht werden. Die IT passt sich dadurch dem Business an, was die Flexibilität der Unternehmen erhöht. Durch die globale Verteilung der Cloud-Rechenzentren sind zudem schnelle Zugriffszeiten in den einzelnen Länderregionen sichergestellt – und damit ein stabiler Service für die Endkund:innen. „Ohne die Cloud wird es dem Mittelstand künftig kaum möglich sein, personalisierte und intelligente Produkte anzubieten“, ist Dennis Wimmer überzeugt. Dabei spielt auch KI eine Rolle, denn diese wird quasi in der Cloud geboren.

Ohne Cloud keine KI.

Den Lebenszyklus einer künstlichen Intelligenz kann man grob in zwei Phasen einteilen: die Trainingsphase, in der das KI-Modell lernt, was es später umsetzen soll, und die Inferenz, in der das Erlernte während der Anwendung abgerufen wird. „Das Training eines KI-Modells dauert meist sehr lange und erfordert extrem viel Rechenleistung“, erklärt Dennis Wimmer. „Statt im eigenen Rechenzentrum werden die Unternehmen ihre KI-Modelle deshalb in der Cloud trainieren.“

Bei der Inferenz wird die Cloud künftig jedoch nur eine geringe Rolle spielen. Zwar benötigen aktuelle Geräte für KI-Anwendungen noch eine Internetverbindung, doch das wird sich ändern: „In wenigen Jahren werden viele KI-Modelle ‚On the Edge‘ laufen, also auf lokalen Systemen, die nahe oder unmittelbar bei den Nutzer:innen stehen“, sagt Dennis Wimmer. Geht es jedoch um das Training oder die Weiterentwicklung generativer KI-Modelle, wird in Zukunft kein Weg an der Cloud vorbeiführen. Aus diesem Grund entwickeln sich Cloud-Anbieter auch immer mehr zu KI-Anbietern, die den Unternehmen bereits vortrainierte Modelle bereitstellen.


In fünf bis zehn Jahren werden sehr viele Legacy-Applikationen nur noch als Software-as-a-Service verfügbar sein – und damit als Abonnement über die Cloud.

Dennis Wimmer


Die Cloud wird immer wichtiger für Software und IT-Security.

Doch auch die Entwicklungen im Software- und IT-Security-Bereich weisen in Richtung Cloud: „In fünf bis zehn Jahren werden sehr viele Legacy-Applikationen primär als Software-as-a-Service (SaaS) verfügbar sein – und damit als Abonnement über die Cloud“, sagt Dennis Wimmer. Bekannte Beispiele für den SaaS-Trend sind Microsoft Office 365 und die Cloud-ERP-Lösung SAP Rise. „Als Folge dieser Entwicklung werden sich Unternehmen immer öfter überlegen müssen, wie sie ihre SaaS-Applikationen miteinander verbinden. Die Antwort darauf ist ebenfalls die Cloud“, so Dennis Wimmer.

Mit Blick auf die IT-Security der Unternehmen ist diese Entwicklung jedoch vorteilhaft: „Die Daten sind in der Cloud meist besser geschützt als im Rechenzentrum eines Mittelständlers“, erklärt Dennis Wimmer. Denn professionelle Cloud-Anbieter sind auf Cyber-Attacken sehr gut vorbereitet, investieren hohe Summen, um ihre Systeme zu schützen, aktualisieren diese regelmäßig und verfügen über ganze Teams aus Sicherheitsexpert:innen.

 

Die IT gewinnt mehr Einfluss auf das Business – und umgekehrt.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen verändert sich auch die Rolle der IT-Teams. Durch die zunehmende Digitalisierung sind sie bei vielen Mittelständlern bereits vom „Cost Center“ zum „Business Enabler“ aufgestiegen. Diese Entwicklung wird sich weiter verstärken. „Die IT wird künftig genau berechnen können, wie viel IT-Kosten in die Herstellung eines Produkts eingeflossen sind. Ihr Einfluss auf das Business wird wachsen, der des Business auf die IT aber ebenso“, sagt Dennis Wimmer. Denn die Business Owner agieren bei IT-Themen zunehmend autonomer und kaufen Cloud-Ressourcen oder SaaS-Produkte direkt bei den Anbietern ein. „Damit IT-Teams die Initiative behalten, müssen sie sich verstärkt mit Themen wie Finanzflüssen und Geschäftsprozessen befassen und einen regelmäßigen Austausch mit dem Management pflegen“, empfiehlt Dennis Wimmer. In vielen mittelständischen Betrieben sei das Bewusstsein dafür aber bereits vorhanden.

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Dennis Wimmer

Leitung Cloud-Solution-Architektur

Seit rund zwei Jahrzehnten befasst sich Dennis Wimmer mit IT-Services und IT-Architekturen. Im Jahr 2019 fing er bei Bechtle Clouds als Portfolio- und Service-Design-Manager an, um neue Cloud Services zu entwickeln. 2022 wurde er Cloud- und Business-Architekt und übernahm wenig später die Teamleitung. Seit Juni 2024 ist er zusätzlich als Business Manager Multi Cloud tätig und treibt zusammen mit seinem Team sowohl bei Kunden als auch intern bei Bechtle die Entwicklung von IT-Strategien und modernen Enterprise-Architekturen voran.

d.wimmer@bechtle.com