Die Entwicklung des Automobils kann man vermutlich als einen der größten disruptiven Momente unserer industrialisierten Welt bezeichnen: Mobilität war plötzlich zu jeder Zeit zugänglich und die Auswirkungen auf das Handwerk waren zunächst verheerend. Pferdeorientierte Wirtschaftsbereiche standen über Nacht – zumindest für damalige Verhältnisse – vor einem echten Problem. Weniger Kutschen benötigten weniger Pferde und in der Folge wurden weniger Kutscher, Hufschmiede, Stallbetreiber und vieles mehr gebraucht. Zeitgleich entwickelte sich rund um das Automobil jedoch eine vergleichbare Infrastruktur mit Tankstellen, Werkstätten und Rasthöfen. Diese musste jedoch erst einmal aufgebaut werden. Dadurch fielen zwar auf der einen Seite Arbeitsplätze weg, die jedoch auf der anderen Seite wieder hinzukamen. Unternehmen und auch einzelne Angestellte, die sich dieser Entwicklung verschlossen, hatten das Nachsehen und wurden durch jene ersetzt, die die Zeichen der Zeit richtig deuteten und sich anpassten.

Schon immer wurden vorhandene Strukturen aufgebrochen.

Im Laufe der letzten 120 Jahre fanden solche Ereignisse immer wieder und in immer kürzeren Abständen statt. Telefon, Fließband, Transistoren, Computer, Smartphones – diese Liste ist lange nicht vollständig. Im Kleinen wie im Großen begleiten uns Veränderungen, die unsere Arbeitsweise beeinflussen. Dem Ökonom Joseph Schumpeter zufolge findet in einer solchen Phase eine „Neukombination der Produktionsfaktoren“ statt. Mit der künstlichen Intelligenz erleben wir aktuell einen ähnlich disruptiven Moment, wie ihn die Entwicklung des Automobils seinerzeit dargestellt hat. Anders als vorher geht es diesmal jedoch weniger den handwerklich Tätigen an die Jobs. KI sägt vermeintlich an den Schreibtischstühlen der Bildschirm- und Wissensarbeitenden. Das scheint zumindest der Kanon zu sein, wenn man eher traditionellen Medien folgt.

Was ist künstliche Intelligenz? Und was haben Ovid und Mary Shelley damit zu tun?

Künstliche Intelligenz bedeutet zunächst nichts anderes, als Maschinen dazu zu bringen, Dinge zu tun, deren Ausführung vom Menschen Intelligenz erfordern. Diese Definition stammt vom Turing-Award-Gewinner Marvin Minsky, einem Pionier in Sachen KI zu einer Zeit, in der die meisten Menschen Computer noch für Science-Fiction hielten. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass bereits viel früher davon geträumt wurde, dass Menschen Wesen erschaffen können, die genauso denken und handeln können wie sie. So begründen Ovids Pygmalion und Mary Shelleys Frankenstein eine KI-zentrierte Popkultur, die sich mit diesem Konzept zwar intensiv, aber meist sehr fatalistisch auseinandersetzt. Zu den modernen Vertretern dieses Topos gehören sicher Philip K. Dicks Kurzgeschichte „Do Androids dream of electric Sheep?“, die später unter dem Titel „Blade Runner“ verfilmt wurde, und Stanley Kubricks Film „2001 – A Space Odyssey“. Letzterer ist, zusammen mit vielen nachfolgenden, wohl auch mit dafür verantwortlich, dass viele Menschen heute künstlicher Intelligenz eher negativ gegenüberstehen. Sie verbinden die Vorstellung eines übermächtigen Wesens, das der Kontrolle seiner Erschaffer entwachsen ist, untrennbar mit diesem Begriff.

Dinge, die uns heute als selbstverständlich erscheinen, sorgten in der Vergangenheit immer wieder für großen Wirbel. Die Einführung des Taschenrechners in den deutschen Schulen sorgte ab dem Jahr 1975 in der damaligen Bundesrepublik für einen landesweiten Aufschrei der Lehrer. Sie warnten davor, dass Kinder nicht mehr lernen würden zu rechnen und faul werden würden. Wie wir heute wissen, lagen sie mit ihrer Einschätzung nicht richtig. Solche Fehleinschätzungen sind übrigens keine Seltenheit! Im Gegenteil: Je bahnbrechender die Entwicklung ist, desto vehementer versuchen manche Menschen, den Fortschritt kleinzureden:

  • Thomas Watson, dessen Firma IBM damals in erster Linie Lochkartenmaschinen produzierte, soll 1943 der Meinung gewesen sein, dass es einen „Weltmarkt von vielleicht 5 Computern“ gibt. Der nach ihm benannte Supercomputer unterstützt mit den darauf laufenden KI-Lösungen heute Unternehmen weltweit.
  • Sir Erasmus Wilson, ein britischer Chirurg, ließ sich 1878 anlässlich der Pariser Weltausstellung zu der Aussage verleiten, dass man nach deren Ende nie wieder etwas vom elektrischen Licht hören würde.
  • Atari und HP wimmelten die späteren Apple Gründer Jobs und Wozniak rüde ab.
  • Bei Sharp hielt man E-Mail für „ein Produkt, das man absolut nicht verkaufen“ kann.

Für nahezu jede technologische Neuentwicklung lässt sich mindestens ein:e namhaft:e Zeitzeug:in finden, deren Prognosen zum zukünftigen Nutzen gehörig danebenlagen.

Ähnlich wie bei früheren technologischen Durchbrüchen werden jene Menschen und Unternehmen am meisten von der KI profitieren, denen es gelingt, die damit verbundenen Chancen und Möglichkeiten für sich zu nutzen. Dazu bedarf es einer Strategie, die nicht nur darauf baut, anfallende Arbeiten durch KI zu ersetzen. Vielmehr sollten es Unternehmen, die KI langfristig und nachhaltig nutzen wollen, ihren Arbeitnehmer:innen ermöglichen, sich in diesem Bereich weiterzuentwickeln. Nur so können die Vorteile gewinnbringend eingesetzt und Entlassungswellen verhindert werden. Es gilt, den Umgang mit KI in den Alltag zu integrieren und jeden Tag daran zu arbeiten, dieses Werkzeug noch effizienter zu nutzen.

Support, Security und HR: Wo KI den Arbeitsplatz wirklich verändern wird.

Künstliche Intelligenz wird speziell die IT-Branche, aber vielmehr jeden Bildschirmarbeitsplatz über alle Branchen hinweg grundlegend verändern. Besonders Arbeitsplätze im Anwendersupport, in der Programmierung, aber auch im Marketing werden von der Entwicklung betroffen sein. KI unterstützt schon heute dabei, die Downtime von Fertigungsanlagen und Computersystemen zu minimieren, indem Wartungszyklen auf den zu erwartenden Verschleiß abgestimmt werden. Betroffene Anlagenteile und Computersysteme können so bereits vor dem Ausfall ausgetauscht werden.

Unternehmen müssen sich bewusst machen, dass künstliche Intelligenz ein Werkzeug ist, das ihnen die Arbeit erleichtern kann. Allein aus diesem Grund lohnt es sich, sich damit auseinanderzusetzen. So kann KI automatisiert Support-Anfragen von Anwender:innen und Kunden entgegennehmen, Hilfe zur Selbsthilfe leisten und den Mitarbeitenden im Kundensupport mit hilfreichen Informationen zur Seite stehen. Kleine Probleme können dann entweder vom Anwendenden im Self-Service behoben werden oder mit vermindertem Aufwand seitens des Support-Personals.

Aktuell verfügbare KI-Systeme spielen ihre großen Stärken aber vor allem in der Automatisierung von immer gleichen und wiederkehrenden Vorgängen sowie in der Mustererkennung aus. So werden sie bereits heute in der Fertigungsindustrie genutzt, um mittels Bilderkennung die Qualität der Produkte zu prüfen, Ausschussware zu erkennen und selbst auf kleinste Abweichungen im Fertigungsprozess hinzuweisen. In diese Aufgaben-Kategorie gehört auch die automatisierte Überwachung des Unternehmensnetzwerks. KI kann auftretende Probleme, wie etwa einen Angriff auf die IT-Infrastruktur, schneller identifizieren und diagnostizieren, als es ein Mensch könnte. Dadurch ermöglichen KI-gestützte Systeme rund um die Uhr schnelle Reaktionen auf Sicherheitsvorfälle.

Ein weiteres Einsatzgebiet von KI und Automation können auch das On- und Offboarding Mitarbeitender im HR-Bereich sein. Zugriffsrechte können automatisiert gewährt und gegebenenfalls evaluiert werden, ohne dass die IT-Abteilung mit einbezogen werden muss. Hardware kann rechtzeitig bestellt und fertig konfiguriert geliefert werden, sodass neuen Kolleg:innen die Ersteinrichtung am ersten Arbeitstag erspart werden kann. Darüber hinaus können interne Schulungen automatisiert ausgespielt und ihre Durchführung überwacht werden. Alle diese Prozesse lassen sich perfekt mittels künstlicher Intelligenz umsetzen, wodurch knappe Ressourcen geschont und zugleich potenzielle Fehler vermieden werden.

Je nachdem, mit welchen Daten die KI trainiert wurde, können die unterschiedlichsten Anwendungsszenarien entstehen. Generative KI wird, wie oben schon erwähnt, großen Einfluss auf das Marketing und den Vertrieb haben. Schon heute wird sie genutzt, um selbstständig Produktbeschreibungen oder sogar vertriebsunterstützendes Material zu schreiben und teilweise bereits zu gestalten. Auch die Software-Entwicklung wird künftig noch mehr von KI profitieren, da sich auch hier Codebausteine automatisch erstellen und Testroutinen einfacher und vor allem schneller durchführen lassen. Besonders stark ist KI bei großen Datenmengen. Dort findet sie Strukturen und erkennt Muster deutlich besser und schneller, als es Menschen können. Arbeitsplätze, an denen große Datenmengen verarbeitet und genutzt werden, werden sich deshalb ebenfalls verändern.

Damit künstliche Intelligenz aber wirklich zur Wertschöpfung eines Unternehmens beitragen kann, müssen die Daten, mit denen sie trainiert wurde, eine hohe Qualität besitzen. Nutzt man eine fehlerhafte oder schlecht aufbereitete Datengrundlage zum Training der unternehmenseigenen KI, kann das Ergebnis nicht gut sein. Das bedeutet, dass sich jedes Unternehmen zunächst mit seinen Daten auseinandersetzen muss. Ein schlechter Prozess bleibt auch digitalisiert schlecht und schlechte Daten liefern schlechte Ergebnisse. Meint man es wirklich ernst mit dem Einstieg in die KI, müssen die vorhandenen Daten nach modernen Methodiken strukturiert werden und auch strukturiert bleiben.

KI und ihre Auswirkungen auf den Fachkräftemangel.

Neben den umfassenden Veränderungen, die im Buzzword „digitale Transformation“ zusammengefasst werden, und steigenden Sicherheitsanforderungen beschäftigt der Fachkräftemangel inzwischen beinahe alle Unternehmen. Auch hier kann KI großen Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens haben. Nutzen Ihre Angestellten KI-Tools richtig, können diese sie bei der Bewältigung alltäglichster Aufgaben unterstützen und wiederkehrende Tätigkeiten unter Umständen sogar komplett übernehmen. Dadurch entlasten Sie Ihre Mitarbeitenden und schaffen freie Kapazitäten, die dann in wichtigere Projekte fließen können. Eine KI kann auch zum intelligenten und kreativen Sparringspartner werden, mit dem man auf einfache Weise neue Perspektiven und Denkanstöße diskutieren und kennenlernen kann. Large Language Models, also KI-Systeme, die unsere Sprache sprechen, sind bestens für diese Art der Interaktion geeignet.

Unternehmen sind besonders in der aktuellen Transitionsphase gefordert, alle Angestellten weiterzuentwickeln und in der Anwendung der neuen Tools zu schulen. Denn die Arbeitswelt wird sich auch in Zukunft weiterhin konstant verändern. Die Erfahrung aus der Vergangenheit zeigt aber, dass Arbeitsplätze selten aufgrund technologischer Entwicklungen einfach so wegfallen. Vielmehr verändern sie sich. Mit den richtigen Maßnahmen können sowohl die Unternehmen als auch die Angestellten resilient gegen diese Veränderungen werden, weil der neu entstandene Bedarf an Fachkräften dann direkt aus der eigenen Belegschaft gedeckt werden kann. Auch hier kann künstliche Intelligenz den Übergang von einem internen Stellenprofil zum nächsten unterstützen. Denn in einer resilienten Firma gleicht dieser Prozess dem des Onboardings neuer Kolleg:innen.

KI ist hier. Nutzen Sie die Chancen.

Künstliche Intelligenz nimmt bereits jetzt großen Einfluss auf die Arbeitswelt, wie wir sie heute erleben. Dennoch verhalten sich viele Unternehmen ihr gegenüber noch zögerlich. Die Zurückhaltung ist verständlich, denn bevor Unternehmen neue Technologien integrieren, benötigen sie Gewissheit über deren Zuverlässigkeit und Effektivität. Noch bis vor wenigen Jahren war diese Haltung auch relativ problemlos möglich, denn zwischen großen technologischen Entwicklungssprüngen hatten Unternehmen genug Zeit, um sich anzupassen und mitzuwachsen. KI führt dieses Denken jedoch ad absurdum, da in den Medien gefühlt jede Woche über neue Meilensteine berichtet wird. Unternehmerische und technologische Ziele, die man sich erst vor Kurzem gesetzt hat, können jetzt schon wieder überholt sein. Wollen Unternehmen weiterhin konkurrenzfähig bleiben, müssen sie daher umdenken. Und dazu gehört auch die Akzeptanz, dass KI jetzt hier ist. Nutzen Sie die Chancen und Möglichkeiten, die Ihnen KI-basierte Tools bieten. Schulen Sie Ihre Angestellten und ermöglichen Sie es Ihnen, gemeinsam mit den technologischen Entwicklungen zu wachsen. Dann wird KI nicht nur zum Produktivitätswunder, sondern sichert Ihr Unternehmen gegen externe Einflüsse ab und macht es resilienter gegen die Herausforderungen der Zukunft.

Sie wollen mehr zu den Chancen der KI erfahren? Wir begleiten Sie gerne auf diesem Weg.

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