Bull

Back in time.

Unter der Überschrift „We have a dream“ setzt sich Bechtle in der ersten Vision 1988 zum Ziel, im Jahr 2000 mit 100 Millionen Mark Umsatz an die Börse zu gehen. Damals existiert der „Neue Markt“ noch nicht, es gibt keinen Börsenhype. Noch ist der Gang an die Börse lediglich eine gute Möglichkeit, ein Unternehmen finanziell unabhängig von Einzelpersonen zu machen. Genau das ist auch der Hintergrund für den Plan bei Bechtle: Unternehmensanteile der Gründerfamilien sollen abgegeben und so Kapital zur langfristigen Unternehmenssicherung beschafft werden.

Elf Jahre später: Am 19. Mai 1999 findet eine Klausurtagung in Oberstenfeld statt. Ein kleiner Kreis, sieben Teilnehmer. Moderiert von Kurt Dobitsch, damals Mitglied des Bechtle Beirats, heute im Aufsichtsrat. Auf der Agenda die Frage: Ist Bechtle fit für den Börsengang? Das Besprechungsprotokoll hält nach knapp zehn Stunden intensiver Diskussion fest: „Einhellige Meinung ist, dass Bechtle sehr gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen IPO hat.“

3 Fragen an Bechtle Mitgründer Ralf Klenk.

 

Herr Klenk, welcher Moment vom 30. März 2000 ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Das Läuten der Börsenglocke war ein emotional berührender Moment. Der Ton ging vom Ohr ins Herz. Ein wirklich einmaliges Gefühl. Daneben waren es aber auch die vielen Interviews mit Fernsehen und Presse. Das war ganz ungewohnt und mir wurde schlagartig bewusst: Bechtle ist wichtig! Wir haben’s geschafft, wir sind in der Profiliga.

Hand aufs Herz: Gab es im Vorfeld des Börsengangs einen Moment, in dem Sie am geplanten Timing gezweifelt haben?

Nie! Das lag allerdings auch daran, dass wir ein perfektes Duo an der Spitze waren mit klar abgegrenzten Verantwortungsbereichen. Für die Finanzen war Gerhard Schick zuständig, ich für das operative Geschäft. Daher lag die Hauptlast – mit Ausnahme der Roadshows – im Bereich von Gerhard Schick und da wusste ich einfach immer, dass es klappen wird. Ich habe nie an Bechtle und am Unternehmenserfolg gezweifelt. Geht nicht, gibt’s nicht. So war das.

In welchen Bereichen hat Bechtle in den Folgejahren des IPOs am stärksten profitiert?

Ganz klar bei der Realisierung unserer Akquisitionsstrategie und den Neugründungen. Die Wachstumsstory wäre ohne den Börsengang nie in diesem Tempo möglich gewesen. Wir hatten uns vorgenommen, mit dem Geld der Aktionärinnen und Aktionäre sorgsam umzugehen und in die Zukunft unserer Bechtle zu investieren, in weiteres Wachstum. Das haben wir versprochen und gehalten.

Ralf Klenk
Ralf Klenk
Dr. Thomas Olemotz
Dr. Thomas Olemotz

3 Fragen an Dr. Thomas Olemotz, CEO, Bechtle AG.

 

Herr Dr. Olemotz, Bechtle hat seit Gründung bisher 119 Unternehmen akquiriert. Wäre dies ohne Börsennotierung möglich gewesen?
Zumindest in den Anfangsjahren sicherlich nicht. Es war ja nach Aussage meiner Vorgänger eine wesentliche Motivation für den Börsengang, die notwendigen finanziellen Mittel zu haben, das 1993 begonnene akquisitorische Wachstum fortzusetzen. Ein zweiter Aspekt war die Unabhängigkeit vom Kapital der Gründerfamilien und nicht zuletzt die Absicherung gegen Übernahmen.

Welche Themen treiben den Kapitalmarkt derzeit um?

Kurzfristig ist die wirtschaftliche Entwicklung das alles beherrschende Thema, langfristig sind es die Veränderungen in der Branche, die eine Relevanz für unser Geschäftsmodell haben. Ich betrachte es als Riesenvorteil, in einer Branche zu sein, deren Zukunftsfähigkeit ganz generell nicht zur Debatte steht, mit einem einzigartigen Geschäftsmodell unterwegs zu sein und mit unserer Finanzstärke sich bietende Chancen für weiteres – auch anorganisches – Wachstum nutzen zu können.

Was war zuerst da: Die Bechtle Aktie in Ihrem Portfolio oder der Arbeitsvertrag mit Bechtle?

Der Arbeitsvertrag. Die Börsennotierung von Bechtle fiel in eine absolut wilde Zeit. Ich habe zwar vor meiner Zeit bei Bechtle bereits als Vorstand eines am Neuen Markt gelisteten Unternehmens gearbeitet, aber bei der Vielzahl von IPOs seinerzeit war es unmöglich, den Überblick zu behalten oder sich mit einzelnen Werten tatsächlich tief auseinanderzusetzen – heute nicht mehr vorstellbar.

IPO.

Im Rückblick erweist sich das Timing als nahezu perfekt: Nur knapp verfehlt Bechtle das Allzeithoch des NEMAX (Aktienindex, der die wichtigsten Werte des Neuen Marktes umfasste) am 10. März 2000. Der Ausgabepreis der Aktie beträgt am 30. März 27 Euro, der erste Kurs für BC8 – so das Börsenkürzel von Bechtle – lautet 30 Euro. Das Interesse übertrifft das Angebot deutlich: 12-fach ist die Aktie überzeichnet, 5 Millionen Anteile werden emittiert – das erzielte Kapital sichert die weitere Expansion der Bechtle Gruppe. Mit über 30 Standorten und 1.680 Mitarbeitenden erzielt das Unternehmen im damaligen Geschäftsjahr einen Umsatz von rund 956 Millionen DM.

 

  • Tag des IPOs: 30. März 2000
  • Ausgabepreis der Aktien: 27 Euro
  • Erster Kurs: 30 Euro
  • Börsenkürzel: BC8

Uli Drautz, Ralf Klenk, Stefan Sagowski

(V. l. n. r.) Uli Drautz, Leiter Konzerncontrolling; Ralf Klenk, Bechtle Mitgründer; Stefan Sagowski, Bereichsvorstand für Finanzen.


Der Börsengang war ein Meilenstein der Bechtle Geschichte und er kam zur genau richtigen Zeit. Die Wahrnehmung, die Größe und das finanzielle Polster haben sich an diesem Tag maßgeblich verändert.

Uli Drautz, Leiter Konzerncontrolling, Bechtle AG

Uns allen war eines klar: Wir gehen am 30. März an die Börse oder wir gehen gar nicht an die Börse. Das Timing war absolut entscheidend. Am Horizont zeichnete sich schon ab, dass die Blase ‚Neuer Markt‘ bald platzen würde.

Stefan Sagowski, Bereichsvorstand für Finanzen, Bechtle AG


Frankfurt stock exchange
Frankfurt stock exchange

Facts & Figures.

Ankeraktionär.

Die Gründerfamilie Schick ist mit 35,02 % seit jeher Ankeraktionär von Bechtle. Die Anteile der Familie sollen in eine Stiftung für gemeinnützige Zwecke überführt werden, um die Leistungen und das Lebenswerk des kürzlich verstorbenen Bechtle Mitgründers Gerhard Schick zu ehren – damit wird dieser Anteil über Generationen gesichert. Apropos Kontinuität: Lediglich drei CEOs führen Bechtle in der 25-jährigen Börsenhistorie: Gerhard Schick, Ralf Klenk und Dr. Thomas Olemotz.

  • Anteil der Gründerfamilie Schick am Grundkapital: 35,02 %
Dividende.

Im Jahr 2000 sind nur wenige Unternehmen am Neuen Markt mangels Rentabilität überhaupt in der Lage, Dividenden auszuschütten. Mit einem Dividendenvorschlag von 0,25 Euro je Aktie ist Bechtle eine der wenigen Ausnahmen. Seit dem Börsengang betreibt Bechtle eine auf Kontinuität ausgerichtete aktionärsfreundliche Dividendenpolitik und schüttet ohne Unterbrechung jährlich Gewinne an die Aktionärinnen und Aktionäre aus. Einen Rückgang der Dividende hat es bei Bechtle noch nie gegeben. Für das Geschäftsjahr 2024 würde die Ausschüttungsquote – vorbehaltlich der Zustimmung durch die Hauptversammlung – 35,9 % betragen. Daraus ergibt sich eine Ausschüttungssumme von 88,2 Mio. € bei einer Dividende je Aktie von 0,70 Euro.

  • Dividendenzahlung für das IPO-Jahr 2000: 0,25 Euro
  • Dividenzahlung für das Jahr 2024: 0,70 Euro. (Vorschlag an die Hauptversammlung 2025)
Marktkapitalisierung.

Der Börsenwert zum Ende des IPO-Jahres beträgt 181,6 Mio. €. Nach vielen Jahren des Wachstums erreicht die Marktkapitalisierung am 09.11.2021 ihren Peak von über 8,7 Mrd. €. Die Aktie steigt auf das Allzeithoch von 69,14 € (XETRA Schlusskurs; Aktiensplits berücksichtigt). In den Folgejahren kann sich der Aktienkurs nicht den realwirtschaftlichen Rahmenbedingungen entziehen. Die gegenwärtige Marktkapitalisierung beträgt rund 4,5 Mrd. €.

  • Börsenwert zum IPO: 181,6 Mio. €
  • Derzeitiger Börsenwert: Rund 4,5 Mrd. €
  • Allzeithoch der Aktie: 69,14 €
Aktiensplits.

Nach dem IPO beträgt das Grundkapital von Bechtle zunächst 21 Mio. €, eingeteilt in 21 Millionen Stückaktien. Im Jahr 2017 verdoppelt sich das Grundkapital auf 42 Millionen Euro – Aktionär:innen der Bechtle AG erhalten für jede bestehende Bechtle Aktie zusätzlich eine neue Aktie. Im Jahr 2021 wird eine weitere Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln umgesetzt: Der Aktienkurs wird gedrittelt, das Grundkapital der Gesellschaft verdreifacht sich auf 126 Mio. €.

  • Erster Aktiensplit: 2017 (Verhältnis 1:2)
  • Zweiter Aktiensplit: 2021 (Verhältnis 1:3)
  • Derzeitiges Grundkapital: 126 Mio. €
  • 19 Analysten-Häuser covern die Aktie
Indizes.

Nach einem Kursanstieg um 61,3 Prozent im Jahr 2004 schafft die Aktie im September 2004 den Sprung aus dem parallel noch existierenden NEMAX 50 in den TecDAX, der die 30 größten und liquidesten Werte aus den Tech-Branchen des Prime-Segments unterhalb des DAX beinhaltet. Als die Deutsche Börse im September 2018 die Trennung von Tech und Classic aufhebt, wird die Aktie zusätzlich in den MDAX aufgenommen, der die 50 größten börsennotierten Unternehmen unterhalb des DAX abbildet. Bechtle gehört seitdem konstant zu den 90 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland.

Darüber hinaus ist die Aktie im DAXplus Family 30-Index (Aktienindex der 30 größten und liquidesten Familienunternehmen) und seit dem 24.03.2025 im DAX 50 ESG-Index vertreten, der die 50 größten sowie liquidesten Unternehmen im deutschen Aktienmarkt abbildet, die nicht in den Geschäftsfeldern kontroverse Waffen, Tabak, Kernenergie, Kraftwerkskohle oder Rüstungsgüter aktiv sind, und die vergleichsweise gute ESG-Scores aufweisen. ESG steht als Abkürzung für Environmental, Social und Governance.

Indizes, in denen die Aktie vertreten ist:

  • MDAX
  • TecDAX
  • DAX 50 ESG
  • DAXplus Family 30
Wandelanleihe.

Ende 2023 platziert Bechtle erfolgreich Wandelschuldverschreibungen in einem Gesamtnennbetrag von 300 Millionen Euro mit einer Laufzeit von sieben Jahren. Die Wandelschuldverschreibungen sind mehrfach überzeichnet. Ziel der Kapitalmaßnahme sind Investitionen in zukunftsträchtige Geschäftsfelder wie etwa Künstliche Intelligenz sowie Akquisition im In- und Ausland. Seit Gründung hat Bechtle europaweit 119 Unternehmen zugekauft und damit die eigene Marktposition in 14 Ländern erheblich ausgebaut. Bis dato finanzierte Bechtle Unternehmenskäufe über klassische Kreditverträge – das zum damaligen Zeitpunkt hohe Zinsniveau machte die Ausfinanzierung über Wandelschuldverschreibungen attraktiv.

  • Gesamtnennbetrag der Wandelschuldverschreibungen: 300 Millionen €